Der Wiesenpredator

… ein Schauer der Erkenntnis wie Spinnen eine Wiese beeinflussen!

Ich bin ein anerkannter Spinnennichtfreund!
Und trotzdem muss ich nun über sie schreiben. Eigentlich über die Folgen, die sie für eine Wiese haben können.

Stellen wir uns ein Wiese nahe der Au vor. Goldruten wuchern am Rand und von Jahr zu Jahr drängen sie sich mehr in die Mitte des grünen Grases.
Grashüpfer, welche wissen, dass weit und breit keine Spinne lauert, neigen dazu sich von Gras zu ernähren.

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Gras, die Leibspeise der Grashüpfer!

Gemeinhin stellt man sich vor, das hält so eine Wiese locker aus.
Nun das Gras wird gefressen und die Goldrute, weil sie nicht ganz so lecker für den Grashüpfer ist, wird von ihm links liegen gelassen und wuchert ungestört.

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Die böse invasive Goldrute!

Die Goldrute beschattet die Grasfläche am Rand, das Gras gedeiht schlechter.
Die starken Stengel stehen aufrecht und das abgestorbene Pflanzenmaterial braucht lange um am Boden anzukommen und es verrottet auch langsam.
Der Boden bekommt daher weniger Nährstoffnachschub.
Die Goldrute schiebt weiter unbarmherzig Wurzelausläufer in die Wiese und erobert von Jahr zu Jahr ein größeres Stück davon.
Das Gras verliert Boden unter den Halmen und wird zurückgedrängt.

Das ist die Welt der Wiese ohne den Predator: Spinne!

Eine Welt, in der die Goldrute ganze Lebensräume erobert und sie so verarmen lässt.

Jetzt sehen wir uns diese Welt bereichert mit dem kleinen Raubtier Pisaurina mira, einer Webspinne, an.

Der Grashüpfer spürt die Anwesenheit des Raubtiers.
Er ändert sein Verhalten. Er ändert seine Ernährung.
Er verzichtet darauf allzuviel Gras zu fressen und hält sich an die Goldrute.

Warum auf einmal die Vorliebe für die Goldrute?

Dafür werden drei Erklärungen gehandelt:

– Erstens:
Die Goldrute bietet den Grashüpfer durch ihre komplexere Struktur, Stamm, Blätter und Blütendolden, mehr Verstecke vor der Spinne.

– Zweitens:
Die Blätter der Goldrute beinhalten mehr Wasser als Grashalme. Daher braucht der Grashüpfer weniger lang, um sich den Bauch voll zu schlagen und kann mehr Zeit damit verbringen nach Spinnen Ausschau zu halten.

– Drittens:
Es gibt Spinnen die aktiv jagen und diese sind im unteren Bereich der Vegetation zu finden. Dorthin will natürlich kein Grashüpfer. Also zieht es ihn in die luftigen Höhen, welche nur die Goldrute bieten kann. Dort treiben sich zwar auch Spinnen herum, aber die neigen dazu dazusitzen und zu lauern. Daher kann der Grashüpfer sie im Auge behalten und vermeiden ihnen zu nahe zu kommen.

Im Grunde tragen alle 3 Gründe dazu bei, dass der Grashüpfer auf einmal mit einer dem Überleben förderlichen Begeisterung von Gras auf Goldrute als Grundnahrungsmittel umsteigt.

Und in der Folge:
Die Goldrute wird im Bestand zurückgedrängt. Mehr Licht kann zum Boden durchdringen.
Daher keimen Samen und neue Pflanzen gedeihen.
Diese neuen Pflanzen verrotten leichter als die Goldrute.
Die Erde bekommt schneller und anderen Humus.
Der Boden verändert sich, bietet nun mehr und verschiedenen Pflanzenarten einen neuen Lebensraum.
Und die Diversität der Wiese steigt!

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Und siehe da, aus dem öden Kampf Gras gegen Goldrute mit dem absehbaren Sieg der Goldrute wird durch die Spinne, dem Raubtier der Grashalm- und Stängelwälder, eine andere Welt.
Eine bunte Welt verschiedenster Pflanzen und Gräser.
Und das nicht, weil auf einmal alle Grashüpfer von Spinnen verschlungen sind, sondern weil die Grashüpfer ihre Ernährung umstellen.

Und was hat das nun mit Menschen zu tun?
Die Antwort: Mensch, ich mag Spinnen nicht!

Weiterführende Literatur, für alle die es ganz genau wissen wollen:
einerseitsandererseits überhaupt

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