Florale Anarchie in Zürich
Maurice Maggi, der Gärtner der Nacht, ist eine Stadtpflanze mit Liebe zur Natur.
Heute wird er charakterisiert als älterer Mann mit Harke aus der Hausbesetzerszene mit anarchistischen Hintergrund.
Die Geschichte mit den Malven:
Im Jahre 1984 arbeitete er als Landschaftsgärtner.
Am Züricher Berg hatte er bei einer alten Dame ein Meer von Malven zu roden.
In der Folge fuhr er in einem LKW mit einer Ladung voller Malven, ein überbordender Haufen aus Grün und Blüten und Samenständen.
Und das löste eine Idee aus.
Malven, Schönheiten mit klarem Wuchs und verzaubernder Blüte. Ein Bindeglied zwischen wilden Pflanzen und Gartenschönheiten.
Eine Pflanze, die man gerne hat, die man aus tiefstem Inneren weiter betrachten möchte und welche man nicht leichten Herzens ausreißt.
Zitat Maurice Maggi:
„Doch als ich in den 1980er-Jahren anfing, durfte in Zürich um die Bäume herum nichts wachsen. Jeden Juni wurde alles durch Jäten oder Herbizide braun gepflegt. Da dachte ich mir: Wenn ich Malven aussäe, sind sie im Juni schon einen Meter hoch und blühen. Ob sie der Gärtner dann auch ausjäten wird? Tatsächlich haben sie einiges stehen lassen. Erst später erfuhr ich, dass viele Leute sich bei Grün Stadt Zürich für diese Aktion bedankt hatten. Und so fing man an, die strenge Pflegeordnung zu lockern.“
Der unbeirrbare Maurice säte im Dunklen seine zukünftigen Blüten. Zuerst nur punktuell und über die Jahre wurden aus kleinen Pflanzungen großräumigere.
Der Plan zur Verbindung aller Flächen steht im Raum.
Und vielleicht wird Zürich dereinst von Malven besiedelt sein und ein Herz aus Blumen haben.
Bis 2004 blieb der nächtliche Blumenmann unentdeckt. Erst als eine Zeitung darüber berichtete wie wunderbar Zürich von Blüten erfüllt sei, da bekannte sich Maurice zu seinen Sprößlingen.
Am Beginn der Saat stand der anarchische Gedanken, der Verstoß gegen die geradlinige Betonierwut und Asphaltliebhaberei im Vordergrund.
Widerstand und Wildwuchs!
Über die Jahre hinweg wandelte sich die Intention zur Landschaftsmalerei hin. Da er in den Stunden der Dunkelheit unterwegs ist und gegen die Regeln bunte Blumen sät, nenn Maurice seine Kunst: Blumen-Graffiti.
Das Graffiti, welches nicht in einer Nacht fertig wird, sondern Nächte und Nächte braucht, um sich zu entwickeln und so sichtbar zu werden.
Die Malve des Anfangs hat nun viele Wegbegleiter gefunden, Schlafmohn, mystisch, geheimnisvoll und eine Pflanze der Nacht, denn Morpheus hegt sie auf seiner Insel, und blaue und gelbe und andere Blüher.
Und was will uns diese Kunst sagen?
Einerseits will sie subversiv und politisch sein,
andererseits will sie aufmerksam machen, zum Nachdenken anregen.
Denn es ist selten, dass in einer Stadt neben Alleebäumen Stockrosen in der Sonne glänzen, dass Blüten das Grau brechen und die Luft mit Duft erfüllen.
Das ist der Moment sich zu fragen, warum stehen sie hier? Was verändert das? Was verändert es in mir?
Warum sät, der Maler der geplagten Erde, Pionierpflanzen?
Eine grundlegende Eigenheit von Pionierpflanzen ist, dass sie in Brachland und auf jedem Flecken Erde wachsen können.
Sie siedeln sich dort an, brechen den Boden auf und lockern ihn so.
Ihre Wurzeln ziehen Bodenlebewesen an und ihre Halme und Blätter kühlen den Untergrund und verhindern ein Austrocknen.
Die herabfallenden Blätter und das tote Material, welches der Winter verursacht, wird zu Humus.
Und nun, nachdem die Pionierpflanzen den Boden aufbereitet haben, sind andere anspruchsvollere Pflanzen bereit hier zu siedeln und den Flecken Grün zu bereichern.
Oftmals vertreiben sie dabei die Pionierpflanzen.
Nun ja, auch die Welt der Pflanzen ist nicht perfekt!
Moral:
Kein Stückchen Brachland ist zu klein, um Blüten zu tragen!
Filmporträt des ’subversiven‘ Gärtner Maurice Maggi, die englischen Untertitel helfen das Schwitzerdytsch zu verstehen.
Teil 1